SD_DIARY: SISTER IN STRUGGLE AND ROCK ‘N‘ ROLL AND HERBAL SPIRITS
- Christina Voormann
- 17. März 2023
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Dez. 2024

Was die Entstehungsgeschichte von Christina Voormann Naturkosmetik betrifft, erhielt ich wohl die wichtigsten Impulse während meiner 16jährigen Tätigkeit im Pine Ridge Reservat in Süd Dakota, an der Grenze zu Nebraska. Das ist nicht um die Ecke, sondern mehr als 10.000 km weit entfernt von meiner Haustür, reine Flugzeit mindestens 12 Stunden. Nicht mitgerechnet Zwischenstops und die Autofahrt ins Reservat. Tatsächlich unterwegs waren wir meist gute 24 Stunden. Es gibt drei Dinge, die fürchte ich wie die Pest: das Fliegen, Gewitter und Klapperschlangen. Die Gewitter in Pine Ridge wirken wie die Ankunft der apokalyptischen Reiter samt apokalyptischer Onkel und Tanten, … und das dreimal täglich.

Auf Pine Ridge klappern die Schlangen im Rudel, im Präriegras, unterm Auto, im Gemüsegarten, auf Klodeckeln.
Tiefe Verzweiflung breitete sich regelmäßig in mir aus
bei Flugturbulenzen, besonders in den kleinen Propellermaschinen von Denver nach Rapid City, wo ich nicht nur einmal den Inhalt meines Getränkebechers auf die Hose eines bleichen Nachbarn beförderte.
wenn ich mehrmals die Woche mit gepacktem Notrucksack im Reservat saß und der indianischen Radiostation KILI lauschte: hat er nun Tornado-Watch oder Tornado-Warning gesagt??!!!! Oder wenn ich zusammen mit meinen Mitstreitern durch kniehohes, blickdichtes Präriegras stolperte, das weder die Sicht auf meine Hiking-Boots, noch auf den rasselnden Schwanz eines „Rattlers“ freigab. Wenn dann die ersten Angsttränchen über meine Wangen rollten griff ich zu meinem persönlichen Antipanik-Geheimrezept: Chuck Berry aus dem MP3 Player und dazu ein Schluck braunen Tequilla und dann mit geschlossenen Augen: EX! Letzteres hatte ich immer als absolute Emergency-Lösung bei mir, abgefüllt in 30 ml Fläschchen, ettiketiert als
„ Herbal Facial Tonic“.
Ich denke oft an die dunkeltraurigen Augen meiner verstorbenen Lakota Hunka-Schwester*. Sie lehrte mich u.a. traditionelles Wasna zuzubereiten, oder wie man aus der saponinhaltigen Yucca-Wurzel Haarshampoo und aus der Innenrinde von Ulmen leckeren Tee zubereitet, dessen schleimiger Sud auch hautpflegende Eigenschaften aufweist. Sie wurde von Jahr zu Jahr schwächer wurde, verlor die Haare, bekam merkwürdige dunkle Flecken im Gesicht und am Körper. Sie starb an Diabetes, kurz nach dem Tod ihres Mannes, einem Spirituellen Führer, der ähnlich wie seine Mutter, an Nierenversagen und Leberschaden starb. Das Schicksal der beiden ist beispielhaft für die extrem hohe Diabetesrate bei den Lakota Indianern. Auslöser in erster Linie desaströse Lebensbedingungen, aber auch Alkohol, Identitätsverlust und Trauma. Mir war eigentlich innerhalb kurzer Zeit klar, welche wichtige Rolle die Wiederbelebung ihrer eigenen Kräutertradition - besonders der „Edible Plants“ - war, als Diabetes-Präventivmaßnahme.

Schnell entdeckte ich, dass viele dieser gesundheitsfördernden Pflanzen auch wertvolle hautpflegende Eigenschaften offenbarten. Aber ich erkannte auch, dass jede Reise nicht nur ein Ringen mit meinen Ängsten war, sondern zum Vehikel zu mir selbst und zu meiner eigentlichen Aufgabe wurde. Das Wissen um die Kraft der Natur und ihren pflanzlichen Helfern wurde dort intensiviert und zu Hause vielseitig umgesetzt. Erlöse davon gingen zurück ins Reservat u.a. an Wildsammler, Helfer und Hilfe-zur-Selbshilfe-Maßnahmen für Diabetesprävention.

*Zu 1: „Hunka“ nennt man bei den Lakota Adoptionen nach traditionellem Ritual
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